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Samstag, 22. Oktober 2011

TV-Chef kündigt Terrorakt an

Die Medientage München, Vanity Fair der Medien-Manager, lockte an den drei Tagen diese Woche rund 5000 Menschen an. Die meisten von ihnen, so schien es, weil sie selbst auf einem Podium mit einer Sprechakttheorie auffallen wollten.

Ein Geschäftsführer eines Fernsehsenders wollte in besonderer Weise auffallen: Vor seinen eitelsten Freunden kündigte der Eitle an, sein Panel zu sprengen. Er wollte als Enfant Terrible in die Annalen der 25-jährigen Geschichte der Medientage eingehen und für eine Art medialen Terrorakt auf dem Podium sorgen.

Gleich zur Einstiegsfrage sagte er, dass er die Frage doof fände. Wow! Während der Podiumsveranstaltung hielt er sich zurück. Und bei der Abschlussfrage, die irgendwas mit Zukunft und Wünschen zu tun hatte, grinste er breit, machte eine lange Pause und sagte zum Publikum: "Ich finde es toll, wie jetzt alle zu mir gucken und warten, was ich jetzt sage..." Er schien also kurz davor zu sein, die Bombe platzen zu lassen und beendete seinen Auftritt mit den Worten: "Schaut meinen Sender!"

Das war wohl eher eine Art Selbstsprengung. Aber die vermutlich authentischste Art, seinen Sender so zu repräsentieren, wie er ist: Inhaltslos!

Sonntag, 16. Oktober 2011

Alte Gags zu verkaufen

Wollten Sie schon immer mal wieder alte Gags hören? Vergilbte Kalauer, olle Witze? Der Radiosender SWR3 hat damit geworben, an diesem Wochenende wieder alte Gags zu spielen. Alte Gags, die Sie längst wieder hören wollen. Geworben? Gedroht! Gewalttätigt!

Alte Gags im Radio zu spielen ist mutig. Oder billig. Oder fahrlässig. Im Prinzip ist es doch so, als würde eine Zeitung alte Nachrichten abdrucken. Oder als würde ein Fernsehsender alte Wetterberichte zeigen. Die wären in diesem Sommer sicher beliebt gewesen. Auch Radiosender könnten der Gesellschaft Gutes tun. Aber nicht mit alten Gags, sondern mit alten Verkehrsmeldungen. Zum Beispiel die vom Sonntag am Montag bringen. Oh je, das klingt nach altem Gag...

Freitag, 7. Oktober 2011

Danke, Steve, gute Ausbeute!

Die große, weltweite Erschütterung, gestern. Nein, nicht weil Sarah Palin nun doch nicht als potenzielle US-Präsidentin gegen Obama antreten will. Mehr Trauer erzeugte dann doch der Tod von Steve Jobs, dem i-Gott.
Für was wir ihm, dem i-nfach-Macher, dem i-nmalig genialen Menschen zu danken haben, steht in aller Breite auf Foren und in der Presse. Klare Sache, i-pod, -pad, -phone machen Spaß, haben unerreichtes Design, sind ein Paradebeispiel für Hyper-Marketing, sind Fortschritt pur und beeinflussen tatsächlich das Leben in unserer modernen Gesellschaft. Danke, Steve!
So sülzen Politiker und Wirtschaftsbosse in aller Welt Trauerworte zum Tode von Steve, dem echten Daniel Düsentrieb. Das digitale Orientierungsmagazin Wired verfällt auf der Homepage in schwarze Trauer, selbst Feind Samsung und Software-Papst Bill Gates melden sich mit respektierenden Huldigungen, wie wuv.de zeigt. Danke, Steve!
Kein „Danke“ kam aber aus China, genauer gesagt, aus den Fabriken, in denen laut Berichten   Minderjährige an der Produktion von i-Geräten arbeiten, ohne Einhaltung von Mindestlohn, bei oft über 60 Stunden Wochenarbeitszeit. Natürlich ist es für manche Mitarbeiter, die in einem chinesischen Werk das i-phone herstellen sollen, nicht leicht, „Danke“ zu sagen, sprangen in diesem Jahr wohl schon mindestens zehn Mitarbeiter lieber in den Tod, als unter den offensichtlich dramatischen Bedingungen ein i-phone zu produzieren. Auch sollen mehrere Dutzend Mitarbeiter so stark kontaminiert sein, dass sie das Alter von 56 Jahren wohl kaum erreichen werden.
In China ist man von einem Euro Stundenlohn noch weit entfernt, was für eine fette Beute. Für wen auch immer. Von wegen Ausbeutung? Dafür sind i-pad & Co ja hierzulande auch so billig. Danke, Steve!
Der Visionär Steve Jobs, der selbst einmal Armut erlebt hatte, der selbst einmal den Müll nach Pfandflaschen durchkämmte, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt, äußerte sich erst jüngst zu den Arbeitsbedingungen im südchinesischen Shenzhen, als er von den vielen Selbstmorden erfuhr. Er würde die Bedingungen überprüfen, hieß es. Er verwies aber darauf, dass selbst die USA eine höhere Suizidrate hätten. Danke, Steve!
Laut diversen Internetforen habe Apple angekündigt, sich von derartigen Zulieferfirmen zu trennen. Bislang scheint es bei der Absicht geblieben zu sein.
Immerhin haben die Zulieferfirmen, die natürlich auch für andere Computerfirmen arbeiten, selbst gehandelt: Im südchinesischen Shenzhen wurden unter den Fenstern einer Computerfabrik Netze aufgespannt. Sie sollen Herabstürzende auffangen. Ein Netz für die Ausgebeuteten. Quasi ein Social Net. Danke, Steve!

Samstag, 1. Oktober 2011

Bildsprachlosigkeit

Die Bebilderung von journalistischen Ergüssen ist für Blattmacher oft eine große Herausforderung. Gerade in der Werbefachpresse. Wie wollen Sie Themen wie Mediaplanung abbilden? Oder Trading? Oder Realtime Bidding? Oder auch nur Quoten?

Aber auch Tageszeitungen und Zeitschriften haben es nicht immer einfach. Zum Beispiel, wenn es um die visuelle Umsetzung des Themas "Private Vorsorge" geht. Einfach Geld, Gold und Immobilien zeigen? Wie langweilig.

Eine durchaus überraschende Inszenierung boten die lieben Kollegen der Süddeutschen Zeitung. Zu Themen wie "Vollmachten bei Demenz oder im Todesfall", "zusätzliche Altersvorsorge" oder "Absicherung von Pflegeversicherung" zeigten Deutschlands beste Zeitungsmacher etwas, was garantiert noch nie zu diesen redaktionellen Inhalten abgebildet wurde: Ukrainische Topmodels.

Die Bildunterschriften lasse ich weitgehend unkommentiert - wie gesagt, es geht um "Private Vorsorge".
Beispiel 1: "Jung und schön - das sind alle Teilnehmer beim ukrainischen Friseur-Wettbewerb. Doch was, wenn diese Güter schwinden? Nur frühe Vorsorge hilft."
Beispiel 2: "Kurz oder lang - die Meinung gehen da auseinander. Auch die Resonanz auf staatliche Förderprogramme ist unterschiedlich." Da gehEN Meinungen wirklich auseinander.
Beispiel 3: "Hochhinaus - eine solche Turmfrisur ist ein Hingucker, aber nicht alltagstauglich. Ähnliches gilt für eine vernünftige Immobilienanlage."
Beispiel 4: "Gel und Glitzer: Manche Effekte halten nicht ewig. Auch der Goldanteil im Depot muss immer wieder überprüft werden."

Als Blattmacher lerne ich, dass man ukrainische Frisuren zu allen Themen abbilden kann, also auch zu Mediaplanung, Trading und Quoten.
Als Leser lerne ich daraus, dass die beste Altersvorsorge ukrainische Models sind. Aber Vorsicht: Nur frühe Vorsorge hilft.