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Sonntag, 16. März 2014

Neu in Österreich: Man spricht Deutsch!



Den Österreicher an sich zu verstehen, mag nicht immer leicht sein. Nicht nur, wenn es um politische Gesinnungen geht, sondern, ganz simpel, wenn es um die Sprache geht. Denn anders als das primitive Englisch, das anspruchslose Französisch oder das völlig überschätzte Chinesisch ist das Österreichisch von elitären Austriazismen durchsetzt. Außerhalb jener außergewöhnlichen Sprachgemeinschaft führen diese diabolisch-dialektischen Syntagmen oft zu linguistischen Debakeln. Ohne das offizielle ÖWB, das Österreichische Wörterbuch, ist zum Beispiel der Deutsche in österreichischen Landen völlig lost in translation.

Hier ein kurzer Einblick in den Sprachdschungel der lieben Nachbarn: Das österreichische „Bandagist“ etwa hat nichts mit Steuerflüchtlingen zu tun, sondern ist ein Geschäft für Sanitätswaren, der „Beuschelreißer“ ist eine starke Zigarette, der „Piefke“ dagegen ist meist die nicht ganz freundliche aber oft treffende Bezeichnung für den Deutschen und „Hofer“ steht für Aldi. Wie soll da ein Ausländer, etwa ein Germane, durchkommen?

Aushilfe verschafft jetzt aber eine klug durchdachte Leserreise des Spiegel, zu finden auf einer Beilage in der morgigen Ausgabe: Der Prospekt bewirbt „Österreich“, ganze acht Reisetage, für günstige 1595 Euro. Ohne Hin- und Rückfahrt, versteht sind. Der Clou neben den vielen inkludierten Reiseleistungen wie „1 x Mittagsjause“ oder „2 x Abendessen beim Heurigen“ ist, absolut wörtlich: „Deutsch sprechende Marco Polo-Reiseleitung in Österreich“.

Montag, 10. März 2014

Kärchers Hochdruck-Logik



Das Frühlingserwachen im Schwäbischen wird im Allgemeinen dadurch deutlich sichtbar, dass die kehrenden Besen samstags die Bordsteine im Ländle zurückerobern. Nicht so in Winnenden, der Geburtsstadt der Kärcher-Technologie. Hier kärchert sich die gelb-schwarze – völlig unpolitisch gemeint – Fraktion mit Hochdruck durch die Straßen. So natürlich auch ich als wohnbehafteter Winnender.

Bei mir allerdings wurde das Frühjahrskärchern jäh unterbrochen, als ein kleines Löchlein im Hochdruckschlauch das Wasser in ungewollte Richtungen jagte. Aber im Hauptsitz des Hochdruckreaktors eilte ich natürlich am Samstag sofort zur Zentrale. Dort gab es – wie auch im benachbarten Obi Baumarkt – durchaus Ersatz: Das kleine Schläuchlein sollte 89,99 Euro kosten. Mein relativ billiger Unterschichtenkärcher hat aber lediglich 59 Euro gekostet. Und das Volkskärchermodell K2 gibt es sogar noch zu diesem Preis. Inklusive Hochdruckschlauch.

Kurzerhand ließ ich mich überreden, einen Luxuskärcher im Wert von 299 Euro zu ordern – und würde ich meinen völlig intakten schlauchlosen Altkärcher zurückgeben, bekäme ich sogar noch 20 Prozent Rabatt. Also exakt so viel Rabatt, wie mein Kärcher einst gekostet hatte. Im Prinzip kriege ich also den Neupreis zurückgekärchert. Indem ich kräftig draufzahle. Kapiert?

Sonntag, 2. März 2014

Wie TUI eine Redaktion bucht



Eigentlich ist es eine Meldung, die die Welt nicht groß interessiert, doch sie hat Zündstoff: TUI Cruises, der Kreuzfahrtanbieter des Touristikkonzerns, hat pitchen lassen, sich also für eine neue Agentur entschieden, die sich um Werbemaßnahmen kümmern soll. Werbung, die für gewöhnlich gebucht wird, so wie auch Reisen gebucht werden können. Das Buchen hat normalerweise mit dem Bezahlen zu tun.

Nicht unbedingt für TUI Cruises. Buchen, Bezahlen, Bestechen? In der Kommunikationsabteilung des Schifffahrtunternehmens könnten womöglich unterschiedlichste Begrifflichkeiten synonymisiert werden. Wörtlich hieß es von TUI Cruises, als es darum ging, die „Marketingstrategie mit neuer Agentur gern exklusiv“ zu verkünden: „Voraussetzung dafür wäre, dass uns die Kollegen (…) schriftlich bestätigen, dass (…) auf mindestens einer halben Seite bis einer Seite über TUI Cruises berichtet wird.“ TUI Cruises möchte also Redaktion buchen, um es vorsichtig auszudrücken.

Natürlich haben wir bei W&V sofort abgesagt. Keine Redaktion lasse sich auf solche dirty Deals ein, keine Redaktion lasse sich kaufen, auch unsere Wettbewerber nicht. Dachte ich.

Doch TUI Cruises hat exklusiv bewiesen, dass deren Strategie aufgeht. Journalismus bekommt auf diese Weise eine völlig neue Bedeutung (slosigkeit). Eisberg in Sicht, volle Kraft voraus!