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Freitag, 26. August 2011

Loriot: Abschied mit Zeugnis und Spaß!

Natürlich ist es nicht einfach, mit einem Todesfall umzugehen. Erst recht nicht, wenn es um einen Prominenten geht und um Öffentlichkeit. So war es in den vergangenen Tagen auch beim Tod von Vicco von Bülow alias Loriot. Humor und Trauer, wie kriegt man das unter einen Hut?
Die gesamte Tagespresse – bis auf die Wirtschaftstitel – nahm Loriot auf Seite 1 mit und quälte sich mit humoristischen Anspielungen. Angefangen mit der FAZ („Er läuft nicht mehr“ – neben dem Cartoon von Loriots Comic-Helden, „ja wo laufen sie denn?“) über die Frankfurter Rundschau („Früher war mehr Lametta“), die hier doch eher nüchterne SZ („Abschied von Loriot“), bis hin zur großformatigen Ausgabe der Welt („Der letzte Vorhang“). Selbst der Bild-Zeitung ist nicht wirklich viel eingefallen: „Loriot tot!“ Unterzeile: „Danke für das Lachen“.
Aber ausgerechnet einer anderen Boulevardzeitung ist es besonders gut gelungen, Loriot stilvoll auf den Titel zu bringen, leise, würdigend, stilvoll: Berlins BZ. Sie zeigte schlicht die leere Couch vor schwarzem Grund auf der gesamten Seite und schrieb darüber nicht mehr als: „Loriot (1923-2011)“. Respekt.

BZ: Ein Leerstück!

Auf dieselbe Idee, die Couch abzubilden, kamen zwar auch die Springer-Kollegen der Welt-Kompakt, doch texteten sie zu plump: „Sein Platz ist leer“.
Nach der redaktionellen Verarbeitung folgten jetzt die Traueranzeigen. Zum Beispiel die der öffentlich-rechtlichen Sender. Charakterisierungen in Todes-Annoncen wirken ja immer ein wenig wie Zensuren. Folgende Beurteilung gaben die ARD-Anstalten in ihrem letzten Zeugnis über Loriot ab: „Einzigartig und unvergleichlich. Komiker, Schauspieler, Karikaturist, Regisseur, Autor, Humorist – oder einfach ein Mensch, der uns zum Lachen brachte.“ Klingt nicht nur gegen Ende ein bisschen so, als ginge es um die vorgezogene finale Beschreibung von Helmut Kohl.
Geschmacklos? Als geschmacklos wird die Anzeige diskutiert, die der Art Directors Club (ADC) in der FAZ ganzseitig schaltete: „Lieber Gott, viel Spaß“. Loriot, einstiger Werbegrafiker und Ehrenmitglied des ADC, hätte an dieser Anzeige sicher seinen Spaß gehabt. Auch wenn er anlässlich seines 85. Geburtstags auf die Frage hin, was auf seinem Grabstein stehen sollte, nach langem Überlegen geantwortet hatte: „Ich denke, der Name wäre günstig!“

Freitag, 19. August 2011

Sascha Lobo und der Buchstabentrick

Die Idee ist so einfach wie genial: Man nehme einen Markennamen, den man neu positionieren will, lasse den ersten und letzten Buchstaben weg und erfreue sich daran, dass man quasi den Marken(namen)kern unangetastet weiterleben lassen könne. So hat der Kreative Sascha Lobo, als er vor langer, langer Zeit noch bei Werbeagenturen arbeitete, für den Kunden VW die Idee gehabt, das Volksrennwägelchen Scirocco in dieser Weise zu bearbeiten. Lobo ging hier sogar noch einen Schritt - ähm, Buchstaben - weiter und ließ vorne wie hinten gleich je zwei fette Buchstaben weg.

Übrig blieb also iroc. Daraus sollte eine Kampagne gestrickt werden mit dem Tenor: I rock... Entsprechend sollte das Model auf den englisch ausgesprochenen Namen hören. Der damalige Vorstand des Automobilriesen soll begeistert gewesen sein, doch musste der VW-Chef damals seinen Hut nehmen, aus anderen Gründen freilich.

Das ist nun schon Jahre her. Kaum einer mag sich an dieses Episödchen erinnern. Wirklich nicht? Dann mag es Zufall sein, dass VW sein jüngstes Mini-Fahrzeug schlicht Up nennt, die verkürzte Form des größeren Bruders L-up-o... Kein Grund zum Ärgern für Asch Ob!

Freitag, 12. August 2011

Mehr Damen per Click

Übersetzungen von Sites im Internet können sehr hilfreich sein. So lässt sich zum Beispiel die Homepage der spanischen Schuhmarke Castañer auch auf Deutsch lesen. Und so lässt es sich entsprechend auch auf Deutsch shoppen.

Wer die erste Reihe Schuhe durch hat, der hat die Wahl: "Mehr braune Schuhe" steht auf dem ersten von drei Buttons. Die weiteren Buttons könnten vereinzelt zu Irritationen führen:

"Mehr braune Damen" kann man etwa per Click mit dem zweiten Button ordern. Und "mehr Damen von Castañer" verheißt Clickoption Nummer 3. Aha. Vielleicht handelt es sich ja gar nicht um einen Übersetzungsfehler, sondern um eine schäbige, kriminelle Frauenhandelsorganisation. Oder es ist eine dieser Fallen vom BND oder der Internetpolizei...

Wie komm ich da bloß raus aus der Nummer? "Nein, Herr Beamter, ich hatte nie vor, mit Damen Handel zu betreiben... Ich wollte nur Schuhe bestellen!" Die Antwort der Behörden könnte lauten: "Die Seite war doch wohl klar genug formuliert. Schuhe kaufen, was für eine armselige Ausrede. Dabei war die Site doch extra ins Deutsche übersetzt worden!"

Dienstag, 9. August 2011

Geiles Aachen

Ja, es ist bekannt, dass die Elektromärkte von Saturn Probleme haben. Nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit ihren Kunden, vor allem dann, wenn diese Online-affin sind. Denn online Elektrowaren bestellen, zum Beispiel Computer, das ging bislang nicht.

Wer es dennoch wagte, die Online-Seiten der Saturn-Kette zu besuchen, der konnte sich über individuell zugeschnittene Sonderangebote erfreuen. Individuell, nein, da ging es nicht um die Interessen des Kunden, nicht um eine Selektion nach Mann und Frau, individuell war lediglich der Ort des Händlers, der um einen werben durfte. So viel Technik bei einem Technikriesen.

Da ich mich aufgrund meiner vielen Wohnorte, Winnenden und München, nicht für einen ganz bestimmten Händler entscheiden wollte, klickte ich bei Saturn.de sofort auf "Los". Ja, dann ging es los - und es lässt mich auch nicht mehr los: Ich erhalte sämtliche Angebote und Informationen vom Saturnmarkt aus Aachen. Dem an oberster Stelle genannten Saturn-Markt. Nicht, dass mir Aachen völlig egal wäre... Doch, zugegeben, es ist mir völlig egal. Zumindest die Angebote des Saturnmarktes von Aachen. Also schrieb ich der Kundenbetreuung.

Die Antwort kam. Mein Problem war dort bekannt. "Wir wollen unseren Kunden damit den schnellen und direkten Zugriff auf ihren Lieblingsmarkt sichern. Leider hat dies auch die Auswirkung, dass unsere anderen Standorte nicht mehr ausgewählt werden können." Das steht da. Wörtlich. Als Antwort.

Ausführlich erläutert Saturn in der gut 30-zeiligen Mail, wie sich diese widerspenstigen Cookies je nach Browser löschen lassen. Bei der sechsten Zeile dieser liebevollen Regieanweisungen gab ich auf. Ich wollte aber nicht weiter mit Sonderangeboten von Lockenstäben aus Aachen bedroht werden und beschloss, einen neuen Computer zu kaufen. Ich würde ja gerne online bestellen - aber nicht bei Saturn in Aachen. Aachen bleibt Aachen und geil ist alles andere als geil.

Mittwoch, 3. August 2011

Wahl in Berlin: Ausweitung der Retusche-Affäre

Ob ihre Fältchen um die Augen herum sichtbar sind oder nicht, das Strahlen einer Julia Roberts bezaubert freilich auch ohne die kreative Leistung einer Werbeagentur. So gesehen mag die Retusche-Affäre, ausgelöst durch die Werbeverbote der britischen Werbeaufsicht, völlig sinnlos erscheinen.

Noch sinnloser erscheint das Postulat der britischen Werbeaufseher, Gesichter ehrlicher abzubilden. Darf man uns Verbrauchern und Kunden das antun und uns in der bisher so makellosen heilen Werbewelt Menschen vor Augen führen, wie wir sie aus Krankenhäusern und aus Mallorca kennen? Wollen wir wirklich sehen, wie wir selbst aussehen? Warum, bitte schön, sollen wir so leiden müssen?

Ganz radikal dem Schönheitswahn verfallen zu sein scheint ausgerechnet die grüne Spitzenkandidatin der bevorstehenden Berliner Wahl, Renate Künast. Wie sie im Alltagsgebrauch aussieht, zeigt zum Beispiel die Wirtschaftswoche per Click. Wie sie nach der Berliner Retusche-Affäre aussieht, zeigt sie selbst auf Plakat.

Das Face-Tuning, das jede Gesichtserkennungssoftware überlisten würde, soll nicht nur Wählern den Kopf verdrehen - auch den Pfeil ihres eigenen Slogans hat es verdreht. So mag es ihr Arbeitstitel gewesen sein, der auf ihren Kopf zeigte: "Da müssen wir ran!" Dieser Schritt hat ja mit der Bildbearbeitung wunderbar geklappt.

Nun zeigt der Pfeil von Renate Künast unverblümt auf ihre Brüste. Ehrlich gesagt, kommt er jetzt schon etwas frauenverachtend rüber, ihr Slogan: "Da müssen wir ran!" Ist es wirklich das, was die Berliner wollen? Tja, wer die Wahl hat...