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Sonntag, 17. März 2019

Die Startup-Lüge: Hurra, wir lügen noch!


Wer ein Startup gründet, gilt als cool. Ebenso, wer bei einem Startup arbeitet oder dort einmal ein paar Monate, Tage oder Sekunden verbracht hat. Wer nicht in einem Startup seine Arbeit verrichtet, möchte aber zumindest so tun, als sei er in einem. Er tauscht Lackschühchen mit Sneakern, beklebt seinen Laptop mit lustigen Stickern und richtet ein Kreativzimmer ein.

Nun habe ich mal hinter die Kulissen von Startups geblickt. Und daraus ein Buch gestrickt. Mit Recherche-Ergebnissen, mit denen ich selbst nicht gerechnet hätte: Etwa, wie viele Startups tatsächlich scheitern. Und dass dieses Scheitern nicht toll ist, wie so oft gepredigt wird, sondern, um einen gescheiterten Gründer zu zitieren: Scheitern ist Scheiße.


Am meisten beeindruckt aber bin ich davon, wie viele Startups keine mutige Geschäftsidee verfolgen, sondern wie sie ihre Investoren blenden wollen, um möglichst schnell per Exit-Strategie an das große Geld zu kommen. Wie es Teenies und Studenten gelungen ist, Milliarden für Bluffs einzusacken.
Ein Punkt schmerzt aber besonders, den meine Recherchen gezeigt haben: Wie stark insbesondere Frauen in Startups ausgebeutet werden und wie dramatisch dort das Me-too-Thema aufkommt, schlimmer als etwa bei der Bundeswehr.

Frauen erhalten von Investoren nur ein Viertel ihrer geforderten Gelder, Männer das Doppelte. Risikokapital fließt nur zu zwei Prozent an Frauen. Und das, wo sie nachweislich deutlich erfolgreicher sind als ihre männlichen Kollegen. Was auch daran liegt, dass Frau an sich weniger gerne blufft, dass sie realistischere Businesspläne erstellt, dass sie weniger gierig ist, dass sie erst dann gründet, wenn sie völlig überzeugt von ihrer Idee ist.

Männer dagegen gründen schneller. Oft, ohne sich über ihre Zielgruppen Gedanken gemacht zu haben. Oft, ohne sich mit Märkten beschäftigt zu haben oder mit etwaigen Wettbewerbern.
Das Buch liest sich wie ein Krimi. Mit einem brutalen Fall nach dem anderen. Sie werden bei der Lektüre 220 Seiten lang nur den Kopf schütteln…

Die Startup-Lüge von Jochen Kalka, Econ-Verlag 2019